Evangelisches Dekanat Odenwald

Whisky-Andacht zum Weinbrunnenfest

'Jona und der (letzte) Wal'

Michelstadt. Wer am Abend des 3. Oktober in die Michelstädter Stadtkirche kam, erlebte einen ganz besonderen Gottesdienst: Unter dem Titel 'Jona und der (letzte) Wal' lud der ehemalige Vikar Christian Feidner gemeinsam mit einigen Freiwilligen zu einer außergewöhnlichen Andacht ein.
Feidner trat im Schottenrock vor die Gemeinde. Für ein seltenes Geschmackserlebnis sorgte im Anschluss die Destillerie St. Kilian, und auch musikalisch blieb der Abend unvergesslich: Die Orgel, gespielt von André Hinkelmann, wurde diesmal vom Klang eines Dudelsacks begleitet (gespielt von Lothar Eckmayer).

Auf der Leinwand war das eindrucksvolle Gemälde von Jan Brueghel zu sehen: 'Jonas entsteigt dem Rachen des Walfisches' (1598). Das Bild wirkt auf den ersten Blick düster: stürmisches Meer, dunkler Himmel, ein Mann, der erschöpft aus dem Maul des Fisches steigt. Doch je länger man hinschaut, desto mehr Licht entdeckt man: oben ein heller Schein, Vögel am Himmel, ein Streifen Hoffnung. Man konnte fast das Salz in der Luft riechen, den Wind spüren, der durchs Kirchenschiff zu wehen schien.

Christian Feidner nahm diese Stimmung auf und verriet, dass Jan Brueghel in seinem Bild zwei Geschichten aus der Bibel vereint: die Geschichte von Jona (Jona 1-4) und von der Schöpfung (Genesis 1-22).
Wie die Hauptperson in der Bibelgeschichte fliehen auch wir vor der Verantwortung, vor uns selbst oder vor der Welt. Wie Jona nimmt die Menschheit den gottgegebenen Auftrag nicht ernst. Ein Blick auf die Landschaft der Nachrichten zeigt, dass die mit dem Klimawandel verbundenen Herausforderungen ein düsteres Bild der Zukunft malen. Doch genauso wie in dem Kunstwerk von Jan Brueghel gibt es einen Hoffnungsschimmer in der Finsternis. Die gute Nachricht an diesem Abend ist, dass es noch nicht zu spät ist und dass wir unser Schicksal selbst in der Hand haben. Selbst im Jahr 2025 kann die drohende Klimakatastrophe noch abgewendet werden.

Nach der Andacht lud die Destillerie St. Kilian zu einer Whiskyverkostung ein. Ihre Single Malts (gereift in Bourbon- und Sherryfässern) standen für das 'Wasser des Lebens', das verbindet, wärmt und Menschen ins Gespräch bringt. Auch ein besonderer Tropfen war dabei: der Sea Shepherd 12 Years, ein kräftiger, maritimer Islay-Whisky, dessen Verkauf die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd unterstützt. Passend, denn auch am Ende des Gottesdienstes drehte sich alles um das Meer und seinen Schutz.
In einem kurzen Film stellte Christian Feidner die Arbeit von Sea Shepherd vor - einer Organisation, die sich weltweit gegen Überfischung, Meeresverschmutzung und Wilderei einsetzt. "Wenn die Meere sterben, sterben auch wir", lautete die eindringliche Botschaft. Doch ebenso klar war der hoffnungsvolle Unterton: Es gibt Menschen, die handeln. Und wir alle können etwas beitragen, wenn wir zusammenstehen.

Für Gänsehaut sorgten die Musiker Lothar Eckmayer am Dudelsack und André Hinkelmann an der Orgel. Besonders ihr gemeinsames Spiel von 'Amazing Grace' füllte das Kirchenschiff mit einem Klang, der gleichermaßen fremd und vertraut wirkte. Das war ein Moment, in dem Stille, Musik und die Aussicht auf ein Glas Whisky zu einer Andacht verschmolzen, die noch lange nachklang.

Die Veranstaltung verband auf besondere Weise Spiritualität, Kultur und Lebensfreude und stand zugleich im Zeichen der interkulturellen Woche, die 2025 unter dem Motto 'Dafür!' stattfand.

 

Christoph Heinrich Hoffmann
15.10.2025


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