Evangelisches Dekanat Odenwald

Letzter Gottesdienst in der 'Alten Schule' in Momart

Vom ABC zum Wort Gottes

Momart. Offiziell war es die 'Alte Schule' in Momart. Bis 1970 wurden dort in dem damals noch selbstständigen Ort, der seit 1971 Stadtteil von Bad König ist, alle Klassen in einem einzigen Raum unterrichtet. "Für uns war sie aber auch das Kirchlein vor Ort", sagt Pfarrer Martin Hecker, der nun dort zusammen mit seiner Gemeinde den letzten Gottesdienst gefeiert hat, weil die Stadt das Gebäude verkauft hat. Manches - Altar, Kreuze, Wandbemalung - erweckte die Anmutung einer kleinen Kapelle, obwohl der Raum außer für Gottesdienste auch sonst regelmäßig und gerne von anderen genutzt worden ist: Der Gesangverein probte hier, die Landfrauen trafen sich, sogar als Wahllokal fungierte das Gebäude.
Die evangelische Kirchengemeinde Bad König wiederum feierte hier nicht nur jahrzehntelang Gottesdienste und Kindergottesdienste, sondern veranstaltete auch Bibelabende. Außen hängt seit Ende 1984 ein kunstvoll geschmiedetes Kreuz, und im Innenraum stand nicht nur ein Altar aus Eichenholz, sondern auch ein als Kanzel oder für Lesungen genutztes Pult, ebenfalls mit einem Kreuz versehen und damit in seiner Funktion und Bedeutung klar definiert. Vor allem aber prangt an der Wand hinter dem Altar seit Mitte der Siebzigerjahre die Aufforderung 'Danket dem Herrn!', und Weintrauben und Ähren - Symbole für Brot und Wein, also das Abendmahl - ranken sich auch hier um ein aufgemaltes Kreuz.
Einmal im Monat wurde hier samstagsabends ein Gottesdienst gefeiert. Zu dem, erzählt Pfarrer Hecker, kamen nicht nur Momarter, sondern auch Menschen aus anderen Orten, die lieber am Samstagabend statt am Sonntagvormittag den Gottesdienst besuchen wollten und auch diesen besonderen kleinen Raum und seine besondere Atmosphäre geschätzt haben.

Der offizielle Auszug der Gemeinde stimmte die meisten Gottesdienstbesucher wehmütig. Hecker hatte die Anwesenden gebeten, das eine oder andere am Ende des Gottesdienstes mit nach draußen zu nehmen, etwa die Taufschale, das Altarkreuz, die Bibel oder das Abendmahlgeschirr, um so den offiziellen Auszug auch sinnfällig werden zu lassen. "Dieses Gebäude war zugleich das Zuhause für die Gemeinde in Momart", so Martin Hecker; rund 160 Evangelische leben im Ort. Viele Momarter seien auch hier getauft worden, und manch andere Erinnerung hängt an der Alten Schule. "Für uns ist das richtig schade", sagt der Pfarrer, auch wenn er verstehen kann, dass die Stadt sich aus Kostengründen nun von dem Gebäue getrennt hat. Dankbar ist er, dass die Kirche es kostenlos nutzen durfte; "dafür haben wir uns an manchem beteiligt, zum Beispiel an der Fensterreinigung".
Beim letzten Gottesdienst predigte der Theologe über die biblische Geschichte von Hiob, der alles, was ihm lieb ist, verliert - nur seinen Glauben nicht und sein festes Vertrauen auf Gott, komme da, was wolle. "Das ist das, was Momart braucht: dass hier im Ort das Lob Gottes laut wird. Wo genau, in welchem Gebäude - das ist völlig nebensächlich."

Das Kreuz draußen an der Kirche wird seinen neuen Platz an der Trauerhalle des Momarter Friedhofs finden, "diese Arbeit übernimmt dankenswerterweise der Bauhof", erzählt Pfarrer Hecker. Die Veranstaltungen der Kirchengemeinde finden vorerst im Sportlerheim statt. Aber die Glocke im Dachreiter auf der Alten Schule wird auch weiterhin läuten, versichert der Pfarrer, zu bestimmten Tageszeiten oder auch zu Beerdigungen.

Was übrigens noch deutlich die Geschichte des Alten Schulhauses erkennen ließ, war eine Tafel, die dort nach wie vor hing und auf der einst der Dorfschullehrer den Kindern das ABC und das Einmaleins nahebrachte oder die Hausaufgaben notierte. Die letzten Kreidespuren waren hier natürlich längst getilgt. "Aber als wir diese Tafel zum Teil abgeschraubt haben, fanden sich tatsächlich darunter noch Notizen, die offenbar ein Lehrer einst direkt auf die Wand geschrieben hatte, bevor die Tafel hier ihren Platz fand", erzählt Pfarrer Hecker. Man kann also wirklich sagen, dass dieses Haus Geschichte erzählt. Die der Kirchengemeinde jedenfalls hat aber nun mit deren Auszug geendet.

 

Bernhard Bergmann
31.7.2025


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