Evangelisches Dekanat Odenwald

Pfarrer Christopher Kloß geht in den Ruhestand

Heute am liebsten einfach der Chris

Erbach. Es gab eine Zeit, da wurde am Elefantenhaus in Michelstadt manchmal eine 'Bischofsfahne' rausgehängt. Immer dann nämlich, wenn Christopher Kloß dort eingekehrt war. Weil der Pfarrer schon recht bald auf seiner Berufslaufbahn die Karriereleiter erklomm - er wurde zunächst Studienleiter, dann kirchlicher Schulamtsdirektor -, bekam er in Michelstadt und Umgebung, wo er damals lebte, den Spitznamen 'Bischof'. "Das führte zu lustigen Situationen", erinnert sich Kloß. Einmal war bei einem Zusammentreffen auch ein damaliger Kirchenoberer dabei, als ein Freund Christopher Kloß' hinzutrat und diesen laut und freudig mit "Herr Bischof!" begrüßte. Erwartungsvoll wendete das Kirchenleitungsmitglied sich um, weil er davon ausgehen durfte, dass er gemeint war. Herzlich begrüßt wurde dann aber Kloß.

Nach langen Jahren in der Religionspädagogik nahm er 2020 ganz bewusst Abschied vom Posten des Schulamtsdirektors und wechselte für die verbleibenden Berufsjahre zurück in die Gemeinde, auf die Pfarrstelle West in Erbach. "Das menschliche Miteinander hier vor Ort ist wunderbar." Er liebe es, mit Menschen in Kontakt zu kommen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. "In Erbach bin ich der Chris", freut er sich. Auch darin bildet sich seine Nähe zu den Menschen ab; nicht der "Herr Pfarrer" und schon gar nicht der "Bischof", auch nicht im Scherz.

Stattdessen sind Christopher Kloß und seine Ehefrau Silke auch regelmäßig in der Werner-von-Siemens-Straße an der Seite bedürftiger Menschen, die es eben nicht nur in der Großstadt, sondern auch im Odenwald gibt. "Wir müssen handeln", fand Silke Kloß angesichts der Not mancher Menschen hier. Es begann im Dezember 2022 mit einem Adventsfrühstück im ehemaligen Gasthaus 'Zum Bären' in Erbach; die dazu ausgesprochene Einladung nahm rund ein Dutzend Menschen an. 2023 gab es dieses Angebot dann mehrfach. Auch die Stadtpolizei setzte sich dazu, um Hürden und gegenseitige Vorbehalte abzubauen. Mit engagiert sind dabei auch eine Handvoll Menschen aus der Gemeinde sowie der Verein 'Herzenssache Odenwald'. Regelmäßig wird mittlerweile Essen vor Ort auf der Straße ausgegeben, im Winter im evangelischen Gemeindehaus. Da kommen in der Regel 30-50 Menschen, "und es gibt nicht nur Lebensmittel, sondern auch Klamotten", sagt der Pfarrer. Viel Vertrauen sei hier gewachsen, und deswegen will er das auch weitermachen. "Ich bin unglaublich dankbar, dass Silke das angestoßen hat", verweist Christopher Kloß auf den Impuls durch seine Ehefrau.

Solches Handeln ist für den Pfarrer, der nun nach 40 Berufsjahren in den Ruhestand wechselt, Kirche im besten Sinn. Was ihn damals in der kirchenleitenden Schulpolitik störte, ist etwas, das er auch in der gegenwärtigen kirchlichen Entwicklung kritisiert: eine überbordende Verwaltungsstruktur. "Dabei erreichen wir Menschen niemals über Strukturen, sondern über das Persönliche", ist der engagierte Pfarrer überzeugt.

Geboren in Mainz und hier auch aufgewachsen, kam er noch als Jugendlicher in den Odenwald, nach Rothenberg. "Und als junger Mensch habe ich auch bei der Kirche eine Heimat gefunden", blickt er dankbar zurück. Bald schon übernahm er auch hier Verantwortung: für zwei Jungscharen, zwei Jugendkreise, außerdem gab es einen 'Konfi-Club' und eine Theater-AG. Er engagierte sich in der Jugendvertretung des Kirchenkreises und als Dekanatssynodaler.
Nach dem Abitur in Michelstadt begann er 1979 mit dem Studium der Evangelischen Theologie, welches ihn nach Tübingen, Frankfurt und Marburg führte. Seine erste Pfarrstelle übernahm er in Darmstadt-Eberstadt. Danach übernahm er eine Außenstelle des Religionspädagogischen Amtes der Landeskirche in Michelstadt und war zudem als Schulpfarrer am Überwald-Gymnasium in Wald-Michelbach tätig. Später war der Vater zweier Töchter dann Gemeindepfarrer in Weiten-Gesäß, rief hier unter anderem den ersten Gemeindebrief anstelle des seitherigen Dekanatsblatts ins Leben und gründete auch dank seiner guten religionspädagogischen Kontakte die Evangelische Grundschule. Die hat gerade ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert und ist nach einigen schwierigen Jahren mit geringeren Schülerzahlen und einer zwischenzeitlich drohenden Schließung heute wieder sozusagen ausgebucht und aus dem Leben des Michelstädter Stadtteils nicht wegzudenken. "Kinder, Jugendliche, Schule, das waren mir immer Anliegen", sagt Kloß.

Dem Wachsen und Gedeihen aber wird sich auch der Ruhestandspfarrer Christopher Kloß widmen: Neben manch anderem (ehrenamtlichen) Engagement betreut er als Hobbywinzer einen kleinen Weinberg im Reichelsheimer Ortsteil Laudenau. Auch da geht es ums Sorgen und Pflegen und ums Begleiten zur Reife, auf dass es eine gute Ernte geben möge.

Am 3. August sagt Christopher Kloß bei einem Freiluftgottesdienst im Brudergrund schon einmal selbst in einem von ihm gestalteten Gottesdienst seiner Gemeinde auf Wiedersehen. Eine Woche später dann, am 10. August, wird er in der Erbacher Stadtkirche von der Kirchenvorstandsvorsitzenden Regina Stellwag, seinem Kollegen Bert Rothermel und seinem langjährigen Freund und Wegbegleiter Pfarrer Arno Jekel offiziell verabschiedet; Beginn ist um 10 Uhr.

 

Bernhard Bergmann
18.7.2025


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