Evangelisches Dekanat Odenwald

Oliver Guthier ist Natur- und Wildnispädagoge

Schleichen wie ein Fuchs

Michelstadt. Hinter Fuchs-, Reh, Biber- und Wildschweinspuren sowie Trittsiegeln verschiedenster Vögel findet sich im Odenwald an manchen Stellen auch ein Paar menschlicher Fußspuren, welche diesen Fährten folgen. Sie stammen von Oliver Guthier, dem Jugendreferenten des Evangelischen Dekanats Odenwald mit Dienstsitz in Michelstadt, der seit kurzem auch zertifizierter Natur- und Wildnispädagoge ist.
Wenn der 28-Jährige von seiner Ausbildung erzählt, möchte man gerne direkt den Rucksack packen und mit ihm aufbrechen. Da kann man beispielsweise lernen, wie man eine Brennnessel ohne Brennen von Blättern befreit, um aus dem Stiel eine Schnur oder gar ein Seil zu winden. "Das braucht man zum Beispiel für den Feuerbogen", erzählt Guthier, um ein Feuer zu entzünden. In einem Erdofen kann man zum Beispiel Gemüse garen, "und das schmeckt vollkommen anders als in der häuslichen Küche zubereitetes Gemüse".

Ein Jahr lang hat Oliver Guthier in insgesamt sechs Blöcken über verlängerte Wochenenden die Ausbildung absolviert; Treffpunkt war ein Forsthaus in Nordhessen. Ein Jahr lang bedeutet auch: alle Jahreszeiten inklusive. "Einmal haben wir drei Tage lang bei acht Grad unter null im Zelt gehaust." Regen gab es zuweilen ebenfalls reichlich. Auch so etwas gehört dazu, irgendwelche Erleichterungen werden nicht gewährt. Ausnahme war einmal ein Seminar online, aber auch das nur wegen Corona. Da ging es um Fährten, die kann man gut auch am Computer lernen. Anschließend war jeder in seiner Heimat draußen unterwegs, um das Gesehene in der Wildnis zu suchen. Gefundenes musste dokumentiert und verschriftlicht eingereicht werden, ein Journal war die ganze Zeit über zu führen. Die Themen reichten von Feuermachen und Orientierung über Säugetiere und Pflanzen, insbesondere Bäume, Vogelrufe und Jagd mit einem Wurfholz bis hin zu rechtlichen Aspekten - "also: was darf man zum Beispiel im Wald und was nicht?", erzählt Guthier.

Die Teilnehmer haben Löffel geschnitzt, eine Schale gebrannt und gelernt, wie und wo man Wasser finden kann. "Außerdem gehörten Schleichübungen dazu: sich wie ein Fuchs vollkommen lautlos fortzubewegen." Es sei schwierig und fordere eine Menge Geduld: "Für einen Meter haben wir drei Minuten gebraucht - aber es ist machbar!"
Vieles an Wissen geht auf indigene Völker zurück, auch beim Thema Jagd spielte etwa Ethik eine wichtige Rolle, die Hochachtung vor der Schöpfung und die Weisheit im Umgang mit dem Mitgeschöpf. Durchaus passend auch für einen Jugendreferenten im kirchlichen Dienst.

Wer Lust bekommen hat: Oliver Guthier plant für das kommende Jahr zwei 'Wochenenden im Wald' für Kinder und Jugendliche, vom 8. bis 10. April und vom 22. bis 24. Juli, jeweils am Forsthaus Michelbuch bei Neckarsteinach; im Juli wird es eine Fachberatungstagung für Hauptamtliche geben. "Und natürlich werde ich fortan das Thema Natur und Wildnis überall einbringen, wo es geht." So etwa auch bei der Herbstfreizeit für Kinder - die allerdings ist schon ausgebucht.

 

Bernhard Bergmann
13.8.2021


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