Evangelisches Dekanat Odenwald

Ökumenischer Reformationstags-Gottesdienst

Gemeinsam aus dem Brunnen schöpfen

Vielbrunn. Vielbrunn sei altmodisch, meinte Pfarrer Micha-Steffen Stracke zum Auftakt dieses Gottesdienstes: "Wir feiern den Reformationsgottesdienst am Reformationstag" - selbst wenn dies, wie in diesem Jahr, ein Montag ist. Vielbrunn sei aber auch modern, schloss der evangelische Ortsgeistliche direkt an, denn: "Wir feiern ökumenisch." Und in der Tat: Dass gut 500 Jahre nach Martin Luthers Thesenanschlag Stracke nun zusammen mit seinem katholischen Kollegen Christoph Zell einen Gottesdienst zum Reformationstag hielt, das ist schon besonders zu nennen.
Wenn man freilich genauer hinsieht, passt es gut. Denn Luther ging es ja um Veränderungen innerhalb der damaligen Kirche und der kirchlichen Praxis - etwa, sich gegen Geld die Vergebung von Sünde zu erkaufen. Und er erkannte: "ecclesia semper reformanda" - die Kirche muss sich stets erneuern. Eben das passiert derzeit in den beiden großen christlichen Kirchen. Weil es immer weniger Mitglieder gibt, so auch die Kirchensteuereinnahmen zurückgehen und zugleich weniger Personal da ist, tun sich Gemeinden zusammen, wird an manchen Stellen auch an Gebäuden eingespart werden müssen. Aber das sind die äußerlich sichtbaren Dinge. "Wenn es nur ums Geld geht, geht der Geist flöten", so Stracke. Reform tue not, nicht um der Reform, sondern um der Kirchen und der Menschen willen. Heute kämpften die großen Kirchen nicht mehr gegeneinander, das sei Schnee von gestern. Heute kämpften die Kirchen auch um ihre Glaubwürdigkeit.

"Wir sind auf der Suche nach dem einen Punkt, der verbindet", sagte Pfarrer Christoph Zell in der Predigt, "auf der Suche nach der Ruhe im Sturm". Aus einem Psalmwort gab Pfarrer Stracke die Antwort: Gott sei die bleibende, nie versiegende Quelle des Lebens, auch in all seinen Krisen. Aus diesem Brunnen könnten Christen schöpfen, egal welcher Konfession. Aber dieses Schöpfen solle in einem ökumenischen Miteinander statt im Nebeneinander geschehen. "Und hoffentlich tragen wir die Hoffnung in uns, und sei sie nur so groß wie ein Senfkorn."
Eine herzliche Umarmung der beiden Geistlichen am Ende ihrer Predigt zeigte noch einmal ein schönes Sinnbild für das Thema Ökumene.

Gleichzeitig feierte der Evangelische Kirchenchor Vielbrunn sein 140-jähriges Bestehen. Dazu waren als Gäste der Katholische Kirchenchor Michelstadt und der Evangelische Singkreis aus Erbach gekommen, die nicht nur mitfeierte, sondern die Vielbrunner unter der Gesamtleitung von Simone Seeger auch stimmlich unterstützten. "Gemeinsam ist man stark", sagte Pfarrer Stracke mit abermaligem Bezug auf den Inhalt der Predigt. Und er freute sich, dass alle drei Chöre die Pandemie überstanden haben. - An der Orgel begleitet in diesem sehr musikalischen Gottesdienst die Erbacher Kantorin Brigitte Harsch, die außerdem im Chor mitsang.
Im Rahmen des Gottesdienstes wurden Chormitglieder für ihr langjähriges engagiertes Mitsingen ausgezeichnet. Einige der Ehrungen standen bereits in den vergangenen zwei bis drei Jahren an, konnten wegen Corona aber nicht ausgesprochen werden; in Klammern ist darum zusätzlich das jeweilige Jahr angegeben:
Zehn Jahre Mitgliedschaft: Irmgard Hofmann (2020); Willi Hofmann (2021); Elfriede Selzer (2021); Philipp Haas (2019); Erna Büsgen (2022)
15 Jahre: Irmgard Klamp (2022); Gerhard Kunkelmann (2020); Ursula Trumpfheller (2021)
35 Jahre: Birgit Benisch (2020)
40 Jahre: Rüdiger Becker (2020); Elisabeth Kraus (2022)
45 Jahre: Norbert Allmann (2022)
60 Jahre: Annemarie Lang (2020)

 

Bernhard Bergmann
4.11.2022


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